Essay

Hier oben, auf der Landzunge über dem Meer, umsäumt von steil abfallenden Klippen, gibt uns das Leben so unendlich viel: zerstreute Archipele, ausgefranste Ufer, Märkte und Wortfetzen, Netze, Schwingungen, kraftvolle Windstöße, brechende Wellen, Turbulenzen, schäumende Gischt, Möwen, Sturm- und Eisvögel, Blau- und Killerwale, den frühen Morgen, den strahlenden Tag, das unbeschreibliche Lächeln der See, die Sonne als Quelle der Wärme, die hin und wieder in schier unerträgliche Hitze überschwappt, um danach abzukühlen als wolle sie sich als einziges Maß der Zeit in Erinnerung rufen, zerstreute Wolken, Punkte, Atome, Partikel, Moleküle, Sträucher, Farne, Stechginster, Disteln, Schmetterlinge, Bäume, die Glut der Sternennebel, Fuchsien, grollende Himmel, zuckende Blitze. Flußläufe, Wasserfälle, Steine - Erde.

Das Seltene, das Wunderbare, das Herausragende, eine Menge und das Massenhafte. Monaden. Elemente der Vielfalt und der Mannigfaltigkeit. Masse. Verknüpfungen von Lokalem zu Globalem.

Die Philosophie will hinaus; sie will den Elfenbeinturm verlassen; sie will nach draußen, will tanzen, singen, lachen, laufen, weinen - und Geschichten erzählen. Geschichten von Räumen und Zeiten. Von Aussaat und Ernte. Von den Gestirnen über uns. Von der Geometrie, dem königlichen Weber der Messkunst, der Geologie, der Theologie, der Politik. Von der Topologie und der Transformation. - Wir pflügen, wir fischen, wir bauen Weizen an, wir legen den Grundstein für eine Zukunft, die ungewiß ist. Unser Tun kennt ein Ziel; wir geben ihm einen Sinn. -

Und wenn die Kamelien um uns herum in voller Blüte stehen verschwinden die Archipele hinter ungeheuren Vorhängen aus weißer Gischt, die Wasserwände steigen an lotrechten Felsen empor, bersten und stürzen als quirlige Kaskaden ins brodelnde Chaos zurück. Die Himmel werden dunkel. Die Lampe - ein schwankender Kreis aus fahlem Licht. Wir fangen Geschichten zu erzählen an. Die Höhlen und Buchten entlang der Küsten sind vom Tosen erfüllt - es erreicht uns als Rauschen und durch dieses ist das Pochen der Vergessenen, der Toten und der Verschwundenen an die Tore der Geschichten zu hören. Sie pochen und begehren unüberhörbar Einlaß. Sie treten in den Lampenschein und plötzlich fangen die abgeholzten Eichenwälder zu raunen und die versunkenen Gehölze mit ihren Blättern zu wispern und zu rascheln, die verschwundenen Narzissen- und Veilchenfelder ihren Duft zu entfalten an. Die Blickwinkel verschieben, die Perspektiven verändern sich. Einige Dinge verlieren ihre Fassung, andere treten aus ihrer Fassung heraus. Die Strukturen legen sich quer und die Definitionen häuten sich. Alles fängt in einer vollkommen neuen Gegenwart zu glänzen an...

Und eh der Himmel wieder aufklart, eh die glänzenden schwarzen Löcher auf der See zu sichtbar hellen Punkten werden, wird die Hochebene, für ein paar Wimpernschläge lang zum einzigen festen Punkt in der Welt um den sich die Wirklichkeit rankt, um den sich alle Wirklichkeit schart. – Der Wind trägt die Geschichten über Land und Meer. Das Rauschen der Brandung, das Brechen der Wellen: durch die Nacht hallender Applaus der immer wieder kehrt. -

Die Sonnen und die Pluralität der Welten. Die Theorie der Schatten. Das System der Darstellung, auf dem jede Dramaturgie und alles, was Theater ausmacht, beruht.

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