Nietzsche & Einstein

Nietzsche in Haft

Kirchenasyl für Nietzsche

DogCommunication und die Menschen

Nietzsche & Einstein auf der Reise

Nietzsche & Einstein in Spanien

Einsteins Traum und dessen Folgen

Nietzsche & Einstein auf der Flucht durch Frankreich

HUNDE DEMO in Paris

Flanieren

Flug nach Zürich

Die Ankunft

Auflösung

Der offene Brief

 

 

 

 

 

 

Einstein & Nietzsche

im Banne der modernen Kommunikationstechnologien

erdacht und geschrieben von Regula Erni & Hans Zengeler

 

Plötzlich und unerwartet wurde Einsteins Höhle gestürmt; der Tisch, die Eckbank - alles, was Einstein seit seiner Ankunft in seinem Daheim lieb und teuer war, brutal herausgerissen. Das hatte Einstein das Bellen für fast drei Tage verschlagen. Gegen Abend des dritten Tages - Einstein war allein zu Haus, er lag vor dem PC, das Mobiltelefon eingeschaltet auf dem turmartigen Gehäuse - fing Einstein leise jammernd zu jaulen und zu bellen an und das Netzwerk zerlegte das Jammern in Pakete und schickte sie durch die Drähte und den Äther in die unendlich weite Netzwelt hinaus. Es dauerte nicht lange, da fing Einstein die Antwort eines gewissen Nietzsche in Form eines Telepathiegramms auf.

Lieber Einstein,
sei nicht traurig, die werden dir schon wieder eine Bank in die Küche tragen, wenn du sie nur lange genug mit Nichtachtung strafst. Inzwischen würde ich dir vorschlagen, im Wohnzimmer nach einer Liegemöglichkeit zu suchen, am besten belegst du einfach den Lieblingsplatz von Frauchen und gehst da nicht mehr weg.
Dein Nietzsche

Eine Mail, die Folgen hatte, denn von nun an begannen die „Mitteilungsdrähte“ zwischen den beiden Hunden förmlich zu glühen:

Hallo Nietzsche
Wow, mein Herrchen wird sich meiner erbarmen und mir eine Bank oder etwas ähnliches spendieren; er hat es
versprochen, gleich nachdem er meine traurigen Augen
heute Abend gesehen hat.

Einstein

Wuff Einstein,
das freut mich für dich. Aber laß dich nicht auf etwas ähnliches ein, sondern bestehe auf einer Bank. Ich weiß, Retriever sind wohlerzogen und selten aufsässig, aber hier geht’s um die Hundeehren der ganzen Welt, Einstein. Wenn du bis morgen keine Bank hast, melde dich. Dann werde ich in Berlin eine Demo organisieren, alle Rassen sind aufgefordert, EINE BANK FÜR EINSTEIN zu bellen.
Dein Nietzsche

Hallo Nietzsche
Bellen die Rottweiler auch mit?, die Belgischen
Schäferhunde, die Pitbull-Terriers und Doberfrauen?
fragt
Einstein

Eine Sensation, dachte Nietzsche, wenn das die Menschheit erfährt, daß wir dabei sind, uns ihre Kommunikationsnetze nutzbar zu machen, dann ...
Aber anstrengend war es schon, weil eben ungewohnt, sich auf diese Weise von Hund zu Hund mitzuteilen, daher legte sich Nietzsche erst einmal schlafen.
Am anderen Morgen machte er sich gleich wieder an die „Arbeit“:

Wooaaaahhhh, guten Morgen Einstein,
ich träumte gerade von einem riesigen Steak, was ich meinem Herrchen nicht sagen darf, weil er mich für ein bißchen verfressen hält, er sagt immer, Nietzsche, sagt er, ich glaub, du denkst nur ans Fressen ...
Tja, die Rottweiler & Co, die scheinen ein bißchen eingebildet zu sein. Mein Nachbar (zwei Häuser weiter), ein Rottweiler hat rübergebellt, er demonstriere nicht für solche Softies, wie's die Retriever nun mal seien.
Der Ansicht waren auch die Pitbullschweinehunde.
Mach dir nichts draus, Einstein, die sind einfach blödgezüchtet worden, die meinen, ihnen könne keiner, ich und ein paar hundert sind bestimmt in Berlin und du kriegst eine Bank. Vielleicht mach ich auch eine Internetseite auf: http://www.eine-bank-fuer-einstein.com
Was meinst du?
Ich geh jetzt wieder, woooooaaaaah, träumen, grüß Frauchen, wuff.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten:

Hallo Nietzsche

Solange du nur von einem saftigen Steak träumst, hat
dein Frauchen keinen Grund, ich für verfressen zu
halten; wenn du aber ein saftiges Steak klaust, schaut
alles anders aus. Hoffentlich hast du ein besseres
Versteck für deine Beute als ich; meine ist mir heute
morgen nämlich davon geschwommen und als ich
hintersprang, rief Frauchen "Zurück, du
Wollschweinchen". Jetzt heiss ich nicht nur Einstein,
sondern auch noch Wollschweinchen.
Au ja, das mit http://bank-fuer-einstein.com ist sehr
gut; vielleicht kommen dann ein paar Banker auf die
Idee, mir eine Bank zu spenden, falls mein Meister keine
Bank aus dem Ärmel schüttelt.
Warten wir noch ein paar Stunden ab.
dein Einstein

Wuff Einstein,
ich muß dir jetzt gestehen, daß ich das Steak in meinem Traum geklaut habe. Ist das schlimm? Mein Versteck ist super: hinter einem Apfelbaum im Garten. Heute nachmittag werde ich allein im Haus sein. Dann kann ich in den Garten - ach, ich vergaß, ich hab’s ja nur geträumt.
Geht dir das manchmal auch so, daß du, wuff, was träumst und beim Erwachen glaubst, es sei wirklich passiert?
fragt
dein Nietzsche

Wu Nietzsche

wie oft schon habe ich geträumt, die Katze unseres
Nachbarn nach langer Jagd zu erwischen und immer, wenn
ich zupacken will, wache ich auf, und meine, den Nacken
der Katze gerade noch zwischen meinen Lefzen - du
weisst, ich kann nicht wirklich zubeissen - gespürt und
den Katzengeruch in meiner Nase zu haben.
Wenn ich du wäre, würde ich heute Nachmittag trotzdem
noch hinter dem Apfelbaum nachschauen. - Vielleicht
hast du gar nicht geträumt...

dein Einstein

Tssssscha Einstein,
grad mußte ich niesen, weil mir im Garten doch tatsächlich was in die Nüstern geflogen ist. Hinter meinem Baum hab ich gebuddelt und was soll ich dir sagen! : kein Steak, dafür der Gartenarbeitsschuh von Herrchen, der den schon lange sucht, ich hatte ganz vergessen ...
Jetzt renn ich mal eine Runde, dann schau ich hinterm Gartenhäuschen nach (mein zweites Versteck). Dann, denk ich, leg ich mich in die Sonne, die kräftig scheint, das tut gut, diese Wärme aufm Pelz. Ich hoffe, dir geht’s genauso gut und [wuff] bis bald, Einsteinle
dein Freund Nietzsche

Wu, Nietzsche, hier ist es eiskalt und die Sonne
blinzelt nur ab und zu. Trotzdem habe ich jetzt den im
Herbst angesäten Rasen ein Stück weit umgegraben. Und
keiner freut sich darüber.
dein Einstein

Tschaa Einstein tschaa,
ich muß dauernd niesen, wenn mich was ärgert: weil ich nicht verstehe, daß
sich keiner mit dir freut, wo du doch so fleißig gräbst. Ich denk dann, diese Menschen verstehn überhaupt nix. Da schafft man und schafft und dann wird man angepfiffen. Was mich eigentlich schon immer mal interessieren würde (weil ich vielleicht mal für eine Hundeakademie arbeite): bellt ihr schweizerisch? Wenn ja, würdest du mir das beibringen?
Ich hab mal einen französischen Hund (einen Püdel püh!) auf der Durchreise kennengelernt, der hat dauernd wüff wüff gemacht, das hat sich arg komisch angehört. Ich mag die Püdels nicht so arg, obwohl sie arm dran sind, weil ihnen immer so menschliche Frisuren geschnitten werden, ich mag sie einfach nicht, hast du Erfahrungen mit Püdels oder heißt das: mit Pudeln?
fragt
dein Nietzsche

Schweizerisches Bellen? - Hier macht kaum einer
"Wuff", sondern "Wuwuwuwuuu". Das langgezogene stammt
von der Wölfe "jo-uu". Ich freue mich immer, wenn der
Mond rund ist wie der gelbe Ball, den Gringo und ich
dem Uris geklaut und ins Wasser getragen haben, und
begrüsse ihn, den Mond, meine ich, meist kurz vor
Mitternacht mit meinem "Jo-uuu".
Ob das ein rein schweizerisches Gebell ist?
Die Mehrzahl von Pudel ist bestimmt Pudel - die sind
alle gleich: pudlig. Oft werden Portugiesische
Wasserhunde als Pudel bezeichnet. Frauchen hat das
getan und nebst einem furchtbaren Entsetzensschrei des
Wasserhund-Frauchens fast einen Angriff auf mein Leben
provoziert.
Also: sei vorsichtig, Nietzsche, es gibt immer neue
Hunderassen; sie vermehren sich wie die Karnickel.
dein einstein

ja, das wolfslanggezogene jo-uuu kenn ich. Ich muß das immer machen, wenn im
Radio eine Trompete spielt, das klingt schrecklich, und weil ich mir leider nicht (wie die Menschen) die Ohren zuhalten kann, überjodele ich die Trompete eben, was Herrchen meistens (nicht immer) recht lustig findet.
Im übrigen muß ich dir danken, Einstein, weil du doch ein Rassehund bist, einer der wenigen, die sich mit einem Bastard wie ich einer bin, überhaupt abgeben. Mein Nachbar, ein Westie (dessen Frauchen immer sagt: er hat über tausend Euro gekostet, über tausend Euro), zeigt mir stets demonstrativ das Hinterteil, sobald er meiner angesichtig wird - kann auch an dessen Frauchen liegen, weil die ihn stets wegzerrt, sobald er versucht, auf mich mit Grußgebell zu reagieren...
Wooooaaaahhh, Einstein, ich hab mir grad eine Ladung Frolic reingepfiffen, jetzt döse ich eine Weile, gleich kommt das Millionenquiz, das Herrchen anguckt, der lacht dann immer und schüttelt den Kopf und sagt, bei dem Jauch sitzen lauter Idioten.
Bis bald,
dein dankbarer Nietzsche

Max, Nietzsches Herrchen, sah tatsächlich fern und wunderte sich etwas über seinen Hund, der sich den ganzen Tag über ziemlich merkwürdig verhalten hatte. Dieses Starren auf den Computer, dazu diese eigenartigen Töne, zwischen Wimmern, Winseln und Bellen gelegen – seltsam, sehr seltsam. Plötzlich – bei Jauch wurde gerade die Vierundsechzigtausend Euro Frage gestellt – sprang Nietzsche auf und jagte in Max’ Arbeitszimmer, aus gutem Grund:

Lieber Nietzsche

ja, ja, ich weiss, ich bin ein Rassehund, d.h., ich bin
eine Mischung aus Neufundländer und Spaniel und
vielleicht wurde da noch etwas Irischer Wolfshund
beigemischt - und schon hatte man eine Rasse. Aber ich
habe gar nix gekostet; ich war einfach da und sass im
Garten - ein echtes Weihnachtsgeschenk. Frauchen
wollte, nachdem Churchill gestorben war, nichts mehr
wissen von einem Hund. Tja, aber dann bin ich
gekommen. - jetzt hat sie das Geschenk! Mach dir bloss
nichts aus dem Mix, vielleicht wirkt er sich, wie bei
mir, erst Generationen später als "Rasse" aus.
Manchmal schau ich den Jauch mit dem Herrchen; Frauchen
wirft ab und zu einen Blick rein, sie liebt Krimis und
Actionfilme. Wau, ich leg mich dann immer quer zum
Hocker, der mir, wenn ich will, die Sicht auf Mord und
Totschlag verwehrt.
Wir werden sehen, was der heutige Abend bringt

dein treuer Freund Einstein


Mein lieber Einstein,
inzwischen liege ich der Länge nach auf der Couch (Herrchen im Bad) und schaue die Spätnachrichten und danke dir daß du mich getröstet hast. Vielleicht sollte ich deine Post mal dem Westie zeigen, damit er sieht, daß der große Einstein mit mir spricht - ich mein, es geht ja bloß um gut nachbarhundliche Beziehungen, aber ...
wuff, ich grüße dich
dein glücklicher Nietzsche

Zeig die Post dem Westie
Wuwu, ich verkriech mich jetzt besser; ich hab
Frauchens Papierkorb geleert...
Wauwauwu
Einstein

Auch am nächsten Tag wurde die Korrespondenz fortgesetzt, wobei Max allmählich Zweifel zu hegen begann, ob sein Hund überhaupt noch ein solcher war.

iiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeeeh, Einstein,
moooorgen, es ist schweinekalt, Pfoten kleben fest, so kalt ist es, seit Minuten lecke ich meine kalten Pfoten, nicht weit von uns soll es minus 23 Grad gehabt haben!
Ich hoff, es geht dir gut
Dein Nietzsche

Guten Morgen, Nietzsche

Danke für die Warnung; heute wird nicht so lange
gejoggt, zu kalt.
Muss jetzt los
dein Einstein

wuff Einstein, wuff,
war autofahren, bin jetzt wieder da und träumte während des Fahrens, ich hätte mit dir Karnickel gejagt. Ich häng dir jetzt mal ein Bild von mir dran und wünschte mir eins von dir, das könnt ich in mein Hundefreundealbum kleben, du kämst da gleich ganz vorne rein.
Dein Nietzsche

Danke für das Bild, du bist wunderschön; von einer
eigenen Rasse halt. Im Anhang findest du ein Bild von
mir im Schnee. Vielleicht gehen wir mal zusammen
Karnickel jagen im Traum, suchen gemeinsam ein Versteck
für unsere Beute und dann wollen wir nach dem Aufwachen
sehen, ob wir _wirklich_ geträumt haben - oder uns das
nur einreden.
dein Einstein

Dies war die letzte Mail von Einstein, die über Max’ Computer empfangen wurde. In aller Herrgottsfrühe jedoch klingelte das Handy von Einsteins Frauchen, die gerade nicht anwesend war, zum Glück, denn sie wäre bestimmt überaus erstaunt gewesen, hätte sie folgende sms an Einstein entdeckt:


sos +++ an einstein +++ bin an der schweizer grenze verhaftet worden ++++wollte dich besuchen +++ kannst du anrufen und den schweizern sagen, daß ich
dich kenne +++ dein nietzsche