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KolumneDie Frage ist berechtigt. Die Besitzer und Verwalter der öffentlichen Meinung, damit sind die Königs- und Fürstenhäuser der Chefredaktoren der Zeitungen, der Intendanten der Fernseh- und Rundfunkanstalten, welche den Weg ins Netz ebenfalls gefunden haben und der Apostel der größten Provider, von jenen der allwissenden Gelehrten an Universitäten ganz zu schweigen, gemeint, in deren Schatten sich eine neue Form der Literatur einen Weg zu bahnen versucht, haben sich zu Wegweisern und Richtern über das, was sich an Literarischem im Netz zu entwickeln versucht, ernannt. Um sich nicht selbst darum kümmern zu müssen, schicken die Beherrscher der öffentlichen Meinung Schergen, Büttel und Knechte aus, die sich unter die werdenden Netzliteraten mischen, letztere still, wenn auch nicht heimlich, so doch unheimlich, beobachten, ein Vor-Urteil fällen und dieses, vermutlich per snail-mail, sprich via Fax oder Briefpost, an die Könige weiterleiten. Schließlich braucht Netzliteratur, nebst der notwendigen Geschäftsordnung, unbedingt Richtlinien, über die hinaus sie sich nicht bewegen soll, Balken, an denen sich der Literat festhalten und über die hinaus er nicht zu denken wagen darf. Die Netzliteratur ist anscheinend auf dem Weg, sich in eine exakte Wissenschaft zu verwandeln, die in Teilbereiche und Partikel aufzuteilen ist. Die Frage nach dem Leser wird nicht aufgeworfen; der Leser hat die Meinung der Herrscher ungefragt zu schlucken und seine eigene Meinung nach der vorgekauten zu richten. 1996 © by Regula Erni |
Literatur Event mit Nachgeschmack Die Poetologie der Information als Element der Netzliteratur
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